Einführung des neuen gemeinschaftsorientierten Ansatzes: Von Partnern lernen
Die neue Strategie von Oikocredit wird 2022 eingeführt.
Oikocredit arbeitet seit einiger Zeit mit seinen Interessensgruppen an der Entwicklung einer neuen, werteorientierten Mehrjahresstrategie, die 2022 eingeführt werden soll.
Auf der außerordentlichen Generalversammlung am 2. Dezember hat Oikocredit International ihren Direktmitgliedern den aktuellen Stand der neuen Strategie vorgestellt, die als innovatives Element einen gemeinschaftsorientierten Ansatz für soziale Investitionen einhält. Wir haben die Oikocredit-Mitarbeiter Nicolas Viedma (Senior Investment Officer Brasilien), José Humberto Ulloa (Senior Investment Officer Mittelamerika und Karibik) und Eduard Walkers (Regionaldirektor Lateinamerika und Karibik) über den neuen Ansatz und seine Bedeutung für Oikocredit befragt.
Was hat Oikocredit dazu bewogen, den Schwerpunkt auf Gemeinschaften zu legen?
Nicolas Viedma: Der neue Fokus auf Gemeinschaften soll die Innovation in der Arbeit von Oikocredit fördern und auf unserem langjährigen Ziel aufbauen, als Katalysator im Bereich sozialer Investitionen zu wirken. Die stärkere Ausrichtung auf Gemeinschaften entspricht dem wichtigsten Bedürfnis, das wir bei wirtschaftlich benachteiligten Menschen sehen: mehr Widerstandskraft. Oikocredit ist davon überzeugt, dass sich diese Resilienz am besten auf der Ebene der Gemeinschaft stärken lässt.
Eduard Walkers: Mikrofinanz und andere Formen der individuellen Kreditvergabe sind förderlich, aber die Probleme im Zusammenhang mit Armut sind komplex. Miteinander verknüpfte Herausforderungen auf Gemeinschaftsebene – in Bezug auf Wohnraum, Bildung, Gesundheit oder öffentliche Infrastruktur – können den Einzelnen daran hindern voranzukommen und die kollektive Widerstandsfähigkeit schwächen. Mangelnder Zugang zu Bildung beispielsweise, wenn es in der Nähe keine Schule gibt, ist sowohl ein individuelles als auch ein kollektives Problem.
José Humberto Ulloa: Unser neuer, ganzheitlicherer Ansatz zielt darauf ab, unsere Partnerschaften zu stärken und die Wirkung der Partnerorganisationen auf die Gemeinschaften zu erhöhen. Viele Oikocredit-Partner konzentrieren sich bereits auf die Bedürfnisse der Gemeinschaften, um ihre Kundschaft zu unterstützen. Sie wissen, dass Kredite nur eines der Bedürfnisse ihrer KundInnen oder Mitglieder sind und dass sich die Herausforderungen auf kommunaler Ebene im Laufe der Zeit ändern und flexible und innovative Antworten erfordern. Der Klimawandel zum Beispiel bringt jedes Jahr Katastrophen für wirtschaftlich benachteiligte Menschen in Mittelamerika mit sich, sodass unsere Mikrofinanzpartner in der Region nicht nur Kredite vergeben, sondern auch Katastrophenhilfe leisten.
Wie setzt Oikocredit den neuen Ansatz um?
Eduard Walkers: Wir befinden uns noch in einem relativ frühen Stadium. Zurzeit suchen wir nach bestehenden Oikocredit-Partnern, von deren gemeinschaftsorientiertem Ansatz wir lernen können, und dann beobachten wir und stellen Fragen. Wir untersuchen die Bedürfnisse der Gemeinschaften in Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Wohnungsbau sowie Wasserversorgung und Sanitäranlagen mit den Partnern, die bereits in diesen Bereichen tätig sind. Wir nutzen den Dialog der Partnerorganisationen mit den Gemeinschaften, mit denen sie arbeiten, um besser zu verstehen, was vor Ort gebraucht wird, und wie wir externe Unterstützung für Projekte nutzen können, die die Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaften erhöhen.
José Humberto Ulloa: Die Idee ist, zusätzlich zu unserer regulären Arbeit Initiativen zu entwickeln, bei denen Oikocredit die Rolle eines Finanzierungspartners übernimmt und Partner mit ergänzenden technischen und sozialen Fähigkeiten dazu holt. Gemeinsam bieten wir dann zum Beispiel finanzielle Zuschüsse, technische Hilfe und Unterstützung beim Aufbau von Infrastruktur. Wir müssen herausfinden, welche Arten von Allianzen am besten geeignet sind, um die Entwicklung von Lösungen auf Gemeinschaftsebene voranzutreiben. Momentan lernen wir also sehr viel. Später werden wir dann sehen, welche anderen gleichgesinnten Organisationen wir an den Tisch bringen können, um die Lösungen, die unsere Partner entwickeln, zu ergänzen.
Können Sie ein konkretes Beispiel dafür nennen, wo diese Arbeit bereits in vollem Gange ist?
José Humberto Ulloa: In El Salvador arbeiten wir zum Beispiel mit einer langjährigen Partnerorganisation zusammen, die eine Reihe von Finanzprodukten für einkommensschwache Haushalte anbietet, damit diese Wohnraum erwerben und verbessern können. Ein anderer Partner in El Salvador vergibt Darlehen an lokale Gemeinden, um öffentliche Plätze, Parks, Märkte und andere kommunale Infrastrukturen zu verbessern. Wir sind mit beiden Partnern im Gespräch, um zu erfahren, wie sie einen gemeinschaftsorientierten Ansatz verfolgen, und um zu erörtern, wie wir dies gemeinsam mit anderen Partnern nachahmen können.
Eduard Walkers: Ein weiteres Beispiel, an dem unsere afrikanischen KollegInnen gearbeitet haben, ist die Kooperation in Höhe von 100 Millionen US-Dollar, die Oikocredit und Opportunity International kürzlich angekündigt haben, um die Bildung in einkommensschwachen Gemeinschaften in Ghana, Kenia, Nigeria, im Senegal und in Uganda zu fördern. Unsere Unterstützung für die beteiligten Finanzinstitutionen umfasst Kapital für Schulen, einschließlich Darlehen für die Verbesserung von Schulgebäuden und Klassenzimmern sowie Darlehen für Studiengebühren. Opportunity International wird die Finanzinstitutionen und Schulen durch Beratung und Schulungen unterstützen.
Wie gut ist Oikocredit aufgestellt, um diesen gemeinschaftsorientierten Ansatz zu entwickeln?
Nicolas Viedma: Wir sind sehr gut aufgestellt. Viele Oikocredit-Partner arbeiten bereits in diese Richtung. Und wir sind als Organisation besonders gut in der Lage, Partnern zuzuhören, von ihnen zu lernen und dann unser internationales Netzwerk zu nutzen, um verschiedene Interessensgruppen zusammenzubringen. Es ist eine unserer Stärken, geduldig auf den Erfahrungen unserer Partner aufzubauen.
Gilt der gemeinschaftliche Ansatz auch für die Mitglieder und AnlegerInnen von Oikocredit und zwischen unseren Partnern?
Eduard Walkers: Ja. Früher dachten wir immer, dass eine Gemeinschaft aus den NachbarInnen besteht, also den Menschen, die um uns herum leben. Aber heutzutage können wir eine Gemeinschaft mit Menschen aus der ganzen Welt bilden. Die Mitglieder, AnlegerInnen und Partner von Oikocredit zum Beispiel sind eine Gemeinschaft. Und wir als Oikocredit sind auch Teil einer Gemeinschaft sozialer Investoren, die zusammenarbeiten wollen, um für die wirtschaftlich benachteiligten Menschen in der Welt einen Mehrwert zu schaffen.
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