Innovation als Antwort auf Covid-19
Seit Beginn der Pandemie hat Oikocredit ihren Partnerorganisationen sowie deren Kund*innen und Mitgliedern dabei unterstützt, gesund zu bleiben, informiert zu sein und mit der Krise zurechtzukommen. Auf unseren Corona-Solidaritätsfonds folgt mit „Innovation in Response to Covid-19“ ein neues Programm. Es unterstützt unsere Partnerorganisationen bei der Entwicklung von adaptiven Lösungen für ihre Kund*innen.
Dieser Artikel beruht auf Informationen von Andrea Domínguez, Global Capacity Building Specialist bei Oikocredit.
Oikocredit hat schnell auf den Ausbruch der Coronakrise reagiert: Wir gewährten unseren Partnerorganisationen Zahlungsaufschub, und wir haben Webinare zum Liquiditätsmanagement und zu Maßnahmen der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs organisiert. Den am stärksten betroffenen Partnerorganisationen half ein spezieller Corona-Solidaritätsfonds, der im April 2020 von der Oikocredit International Support Foundation (ISUP) ins Leben gerufen wurde. Er unterstützte die Kund*innen unserer Partnerorganisationen im inklusiven Finanzwesen und Genossenschaftsmitglieder in Notfällen, beim Kauf von Hygieneausrüstung und bei anderen Maßnahmen, um die staatlichen Corona-Vorschriften einhalten und den Geschäftsbetrieb fortsetzen zu können.
Der Solidaritätsfonds hatte ein Startkapital von 25.000 Euro, wurde aber innerhalb kurzer Zeit von Oikocredit-Mitgliedern und Investor*innen aufgestockt. Bis Ende 2020 hatte er 70.287 Euro an 38 Organisationen aus 19 Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika und der Karibik ausgeschüttet.
Neues Programm
Zwar gingen die Anträge auf Notfallhilfen in der zweiten Jahreshälfte 2020 zurück, doch die Pandemie hatte noch immer Auswirkungen auf unsere Partnerorganisationen. Deshalb entschied ISUP, das verbliebene Geld, ergänzt um Eigenmittel, für ein neues Schulungs- und Beratungsprogramm zu nutzen. Unter dem Namen „Innovation in Response to Covid-19“ („Innovation als Antwort auf Covid-19“) stellt es Mittel bereit, damit unsere Partnerorganisationen ihren bedürftigsten Kund*innen und Mitgliedern innovative Lösungen bieten können. Diese sollen die Folgen der Pandemie abfedern und den Menschen helfen, sich auf die Zeit nach Corona vorzubereiten.
Innovation in Response to Covid-19 startete im Oktober 2020 mit einem Startkapital von 30.000 Euro von ISUP und 17.740 Euro von der Oikocredit Stiftung Deutschland (der Non-Profit-Stiftung der deutschen Oikocredit-Förderkreise). Wie zuvor wurde das ursprüngliche Kapital, um weitere 76.424 Euro von Mitgliedern und Investor*innen aufgestockt. Dazu zählten Oikocredit Nederland (der niederländische Förderkreis) und die MRC-Holland Foundation. Zurzeit beträgt das Programmvolumen 124.164 Euro. Ein Teil davon wurde bereits ausgezahlt.
Fördermittel können in allen Regionen und für alle Sektoren beantragt werden, in denen Oikocredit aktiv ist. Ziel muss stets sein, die Folgen von Covid-19 durch Hilfen für Kund*innen und Mitglieder der Partnerorganisationen abzumildern – etwa durch Maßnahmen, um die landwirtschaftlichen Lieferketten trotz Reiserestriktionen und Quarantänebestimmungen aufrechtzuerhalten.
Geförderte Projekte
Bislang wurden für acht innovative Projekte Fördermittel genehmigt. Dabei ging es um die Förderung der Digitalkompetenz und digitale Lösungen für Kund*innen auf dem Land, die Diversifikation der Lebensgrundlagen, organisatorische Verbesserungen, Weiterbildung in Finanzthemen und genossenschaftlich organisierte Dorfläden. Drei Projekte stellen wir hier vor:
Projekt 1
Digitale Lösungen für ländliche Kund*innen in Uganda
Die Partnerorganisation, Encot Microfinance aus Uganda und ein früherer Partner haben neue digitale Anwendungen entwickelt, damit Kund*innen auf dem Land auch während der Pandemie Zugang zu Finanzdienstleistungen haben. Dieses Projekt, das auch von der Responsible Inclusive Finance Facility der Social Performance Task Force unterstützt wurde, lief von Oktober 2020 bis Mai 2021.
Encot befragte ihre Kund*innen, nach Lücken in den aktuellen digitalen Kreditdienstleistungen. Auf Basis der Umfrageergebnisse arbeiteten sie gemeinsam mit technischer Unterstützung an der Weiterentwicklung des bisherigen Angebots. Als Ergebnis brachte Encot Flex Loan heraus, ein neues digitales Kreditprodukt für den Sonnenblumenanbau. Aufgrund der hohen Nachfrage nach den Krediten entwickelt Encot jetzt eine mobile App für Flex Loan. Beim zweiten Mikrofinanzinstitut kam die Umfrage zu dem Ergebnis, dass die Gebühren zu hoch seien und man sich höhere Mindestauszahlungen wünscht. Die frühere Partnerorganisation überarbeitete auch ihr Notfall-Kreditprodukt und digitalisierte die Aus- und Rückzahlungen der Kund*innen. Beide Organisationen profitierten von der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter*innen und Kund*innen, die auch in Zukunft über die Vorteile und Risiken digitaler Finanztransaktionen informiert werden.
Projekt 2
Digitaltraining für Village Banking-Kund*innen in Dörfern in Peru
Ziel dieses Projekts einer früheren Partner-Mikrofinanzinstitution in Peru ist eine bessere Digitalkompetenz ihrer Kund*innen, damit sie den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten können. Die Partnerorganisation verfolgt bei der Vergabe ihrer Mikrokredite den Dorfbanken-Ansatz: Kreditnehmer*innen unterstützen sich gegenseitig in finanziellen und unternehmerischen Belangen. Eine der ersten Herausforderungen durch Covid-19 war die Aufrechterhaltung der Kommunikation mit den Kund*innen, da der staatliche Lockdown die Dorfbewohner*innen isolierte und sie keinen Zugang mehr zu Banken hatten. Im Rahmen des Projekts schulen die Mitarbeiter*innen der Mikrofinanzinstitute ihre Kund*innen in Digitalkompetenz (E-Mails, soziale Netzwerke, Videokonferenzen), Covid-19-Schutzmaßnahmen für Unternehmen, Neuausrichtung von Geschäftsmodellen und Social Media Marketing. Trainingsmodule und Unterrichtsmaterialien wurden gemeinsam mit PROMUC entwickelt, einer nationalen Dachorganisation von Dorfbanken, die für Geschlechtergerechtigkeit eintritt. Die Hälfte der PROMUC-Mitglieder sind Oikocredit-Partner. Bis jetzt hat die Organisation über 7.000 Kund*innen in der Corona-Prävention für Unternehmen und 1.122 Kund*innen in digitaler Kompetenz weitergebildet. Das Projekt lief von Februar bis September 2021.
Projekt 3
Genossenschaftliche Läden für Frauen und junge Erwachsene auf den Philippinen
Eine frühere Partnerorganisation auf den Philippinen, will Frauen auf dem Land den Umgang mit den Folgen der Pandemie und den langen Lockdowns erleichtern. Die Organisation bietet Weiterbildungen in den Bereichen Finanzen und Grundlagen der Unternehmensführung an. Hinzu kommen Mikrokredite (mit der Möglichkeit eines Tilgungsaufschubs) für Frauen, die eigene Kleinstunternehmen führen wollen. Unser früherer Partner unterstützt erste Läden in ausgewählten Dörfern der Gemeinde Talavera in der Provinz Nueva Ecija. Sie werden jeweils von 20 bis 30 weiblichen Genossenschaftsmitgliedern geführt. Durch das Projekt sollen Frauen ihren Lebensstandard verbessern sowie Führungs- und Managementkompetenzen erwerben. Außerdem sollen die Menschen in den Dörfern Zugang zu erschwinglichen Gütern und Dienstleistungen haben. Die finanzielle Inklusion wird mit mobilen Apps gefördert. Ein weiteres Ziel ist die Unterstützung lokaler Produzent*innen beim Marketing. Jeder genossenschaftliche Laden bietet Dinge des täglichen Bedarfs an. Außerdem dient er als Abwicklungsstelle für Zahlungen an Mikroversicherungen und Versorgungsunternehmen sowie für mobile Dienstleistungen wie Überweisungen und andere Arten des Geldtransfers. Hinzu kommt die Verwaltung von Spar- und Sichteinlagen von Jugendlichen und anderen lokalen Kund*innen. Darüber hinaus sind die Läden Vertriebs- und Umschlagplatz für lokale Landwirt*innen sowie Versammlungsstätte für die Gemeinschaft. Das Projekt war für die Genossenschaftsmitglieder bislang eine große Hilfe, da es sie in den Grundlagen des Genossenschaftswesens, der Buchhaltung und der Führung gemeinschaftlicher Läden weiterbildete. Vor Ort wurde eine Erhebung über die nachgefragten Produkte durchgeführt. Staatliche Kontaktbeschränkungen und andere Corona-Schutzmaßnahmen führten zu manchen Verzögerungen, doch dürften die ersten Geschäfte bald öffnen. Die Organisation erwägt auch, günstige Kredite zu vergeben, mit deren Rückzahlungen in weiteren Gegenden Genossenschaftsläden finanziert werden können.Das zweijährige Projekt begann im März 2021 und ermöglicht erstmals die Gründung genossenschaftlicher Läden unter weiblicher Leitung.
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