Was sind Förderkreise?

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Warum gibt es Förderkreise (FK)?

Die sieben deutschen Förderkreise setzen sich für weltweite Solidarität und soziale Gerechtigkeit ein. Sie leisten entwicklungspolitische Bildungsarbeit und bieten die Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Peru – eine Reise ins Land des Kaffees

Peru – eine Reise ins Land des Kaffees

Spurensuche im Norden des Andenstaates

2. August 2024 - von Linda Rustemeier

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Als Teilnehmerin der Oikocredit Journey reiste Linda Rustemeier mit einer Gruppe von Investor*innen nach Peru. Dort ging sie auf Spurensuche: Was gehört alles dazu, in Zeiten gefährdeter Biodiversität und des Klimawandels, Kaffee anzubauen? Sie berichtet von ihrem Besuch bei der Kaffeegenossenschaft Cooperativa Agraria Frontera de San Ignacio Ltd, einem Partner von Oikocredit.

Peru ist ein Land voller Klimakontraste. An der Küste liegt die Hauptstadt Lima in der Wüste, das Hochland ist grün und saftig, und der Dschungel am Amazonas feucht und heiß. Doch auch hier ist der Klimawandel längst angekommen. Was bedeutet dies für den Anbau von Kaffee, der bei uns im Supermarkt und auf dem Esstisch landet?

Wer einmal in schwer erreichbarem, unebenen Berggelände die roten Kaffeekirschen geerntet hat und dabei von Mosquitos zerfressen wurde, lernt Vieles, was zum Alltag der Kaffeefarmer*innen in Peru gehört: Geschick und Handarbeit, dazu lange Kleidung und Mückenschutz. Genauso wichtig ist aber die Entwicklung neuer Methoden und technischer Hilfsmittel geworden, wie z.B. der Einsatz künstlicher Intelligenz bei der Qualitätskontrolle durch Fotos von idealen Kaffeebohnen.

Viele Kaffeekirschen in den unteren Lagen sind vom Broca-Käfer angeknabbert. Es befinden sich sowohl in der Kaffeekirsche als auch später in der Bohne winzige, aber sichtbare Biss-Löcher. Diese erkennt man sogar beispielsweise in den Bohnenbehältern der Kaffeemühlen im Supermarkt. Denn die schlechten Bohnen werden dennoch exportiert.  Der Broca-Käfer fühlt sich in den warmen, unteren Kaffeelagen besonders wohl. Laut dem Newsweek-Magazin wurde er erstmals vermutlich um 1908 im Kongo und 1913 in Brasilien entdeckt. Womöglich wurde er in den Kaffeekirschen, wo er hunderte Eier ablegt, zum anderen Kontinent transportiert. Er ist für Qualitäts- und Ernte-Verluste im Wert von über 500 US-Millionen Dollar verantwortlich. Für die meisten Insekten ist das Koffein tödlich, doch der Darm des Broca-Käfers enthält rund 14 verschiedene Bakterien, die das Koffein verdauen können. 

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Diese immensen Schäden können durch verschiedene Methoden aufgefangen werden. Einerseits hilft eine ressourcenschonende Aufzucht der Kaffeejungpflanzen, zum Beispiel durch wieder in den Kreislauf gebrachte Kaffeeerntereste als Dünger. Das macht die Pflanzen resilienter oder verhindert eine Ansteckung anderer Pflanzen mit Pilzinfektionen wie Kaffeerost. Andererseits schützt auch die angepflanzte Biodiversität. Damit ist gemeint, dass auf der Kaffeeplantage auch zahlreiche andere Pflanzen, wie Bananen und weitere schattenspendende Bäume wachsen, die die sensiblen Kaffeesträucher vor Hitze schützen.

Beratung und Schulung sind entscheidend

Doch wie erwirbt man als Kleinbauer und -bäuerin das Wissen, um diese Techniken anwenden zu können? Hier setzt Oikocredit mit Maßnahmen zum Capacity Building (Beratung und Schulungen) an. Expert*innen des sogenannten Technischen Service, wie dies bei der Kaffeekooperative COOPAFSI genannt wird, teilen ihr Know-how mit den Kaffeefarmer*innen und sorgen dafür, dass es von Plantage zu Plantage weitergegeben und angewendet wird. Durch das Investment in Bildung und regelmäßige Schulungen und den Austausch in der Kooperative können Kleinbauern und -bäuerinnen mit Herausforderungen wie Käfer, Blatt-Rost und anderen besser umgehen.

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Als Investorin bei Oikocredit habe ich nicht nur viel über die Qualitätsunterschiede von Kaffee gelernt, was ich in die ehrenamtliche Arbeit der Kaffee Walk and Talk-Stadtrundgänge einfließen lassen kann, sondern auch viel über Zusammenhänge und Marktlogiken erfahren. Und dass von der Kaffeeernte bis zur Ankunft der Kaffeepackung im Supermarkt viel Zeit vergehen kann. Die Genossenschaften exportieren den Kaffee, bekommen aber nicht sofort ihr Geld, erst wenn der Kaffee im Ausland angekommen ist. Hier springt Oikocredit ein und verleiht Kredite an Kaffeekooperativen, damit diese ihren Mitgliedern direkt faire Preise für den Kaffee bezahlen können, noch bevor der Verkaufsprozess beendet ist. Aber ehrlich gesagt zieht mich am meisten vor allem die Faszination für den Broca-Käfer, die Anbauhöhen und Biodiversität und die Nachhaltigkeit des Technischen Service in den Bann. Wenn ich jetzt Kaffee trinke, suche ich jedes Mal nach dem Broca-Käfer (und seiner Abwesenheit).

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Zur Kooperative Frontera San Ignacio Ltd.

Die 1968 gegründete Frontera San Ignacio hat derzeit 413 Mitglieder, die insgesamt 1.230 Hektar Kaffee auf 900 - 2200 Metern Höhe anbauen. Es handelt sich um eine Genossenschaft kleiner Kaffeeproduzenten mit Sitz in San Ignacio in der Region Cajamarca im Norden Perus. Neben dem Kaffeeexport verfügt die Partnerorganisation von Oikocredit über weitere Einnahmequellen wie die Dreschanlage in Chiclayo, die Nassverarbeitungsanlage und die Anlage zur Verarbeitung organischer Düngemittel, die beide im San Ignacio-Tal liegen. Die Kooperative erntet und handelt Kaffee mit Fair-Trade- und Bio-Zertifikaten. Die Erzeuger*innen verarbeiten ihre Kaffeekirschen in der Regel selbst oder haben die Möglichkeit, den Service der Genossenschaft in Anspruch zu nehmen. Frontera San Ignacio hat in diesen Service investiert, um Qualität des Kaffees von Anfang an zu gewährleisten. Die Nassaufbereitungsanlage verfügt über ein System mit geringem Wasserverbrauch. Den Dreschservice bietet die Genossenschaft auch anderen Kooperativen an. Im letzten Jahr wurden 180.000 Doppelzentner verarbeitet, wodurch die Fixkosten auf 90.000 Doppelzentner gedeckt werden konnten. Derzeit verfügt dieser Partner über eine aktive Kreditlinie von Oikocredit in Höhe von 1,5 Millionen USD.