Corona: Schlaglicht aus Westafrika – und was Oikocredit tut
Mythen und Sagen halten sich manchmal hartnäckig – auch in meinem Heimatland Togo. Dort und in vielen anderen afrikanischen Ländern dachte man lange, die Hitze in Afrika würde wie ein Schutzschild gegen das Coronavirus wirken. Dann gab es in der nigerianischen Stadt Lagos, die nur einen Katzensprung von der Hauptstadt Togos entfernt, den ersten bestätigten Corona-Fall.
In Deutschland beklagen wir manchmal, dass wir nur mäßig gut auf Corona vorbereitet gewesen wären. Togo – dort ist Oikocredit übrigens nicht tätig – war wenig bis gar nicht vorbereitet. Entsprechend drastisch ist nun die Reaktion der Regierung. Sie versucht jetzt rigoros, die Menschenströme im Land zu regulieren. Das ist schwieriger als bei uns, denn die Wirtschaft in den meisten Ländern südlich der Sahara ist überwiegend informell organisiert, nur ein Bruchteil der Bevölkerung hat sichere Arbeitsplätze und ein festes Einkommen. Die meisten leben von der Hand in den Mund, sprich Verkäufer*innen kaufen täglich ihren Warenbestand und versuchen ihn untertags wieder zu verkaufen. Genau diese informellen, begegnungsintensiven Aktivitäten sind nun zum Schutz der Bevölkerung vor Ansteckung mit dem Coronavirus untersagt. Es geht sogar so weit, dass das Land eine totale Ausgangssperre erlassen hat: Die drei Hauptverkehrsadern sind gesperrt und werden vom Militär kontrolliert. Das wiederum schafft ein riesiges Problem für die Hauptstadt. Während wir hierzulande vielleicht mal zwei Wochen keine Nudeln im Regal finden, droht in Togo die Versorgung der geschätzt 3 bis 5 Millionen Hauptstadtbewohner*innen mit frischen Nahrungsmitteln aus dem Inland komplett zusammenzubrechen. Preise für Grundnahrungsmittel wie Mais explodieren, an den Straßenkontrollposten steigen die gewaltsamen Auseinandersetzungen mit dem Militär.
Togo ist krisenerprobt und jung
Gleichzeitig setzt die Regierung jetzt alles dran, die medizinische Versorgung zu organisieren. Hotels werden freigeräumt und die Aufnahme von Covid-19 Patienten vorbereitet, Atemschutzmasken werden besorgt und verteilt, Beatmungsgeräte wurden bestellt und sind teilweise schon geliefert. Die Ausgangsbedingungen in Togo mögen schwierig sein, doch die Menschen sind krisenerfahren. Und es gibt noch einen Unterschied: Das Virus wird sich in Afrika anders ausbreiten als bei uns in Europa. Denn die afrikanische Bevölkerung ist viel jünger, etwa 50 Prozent sind unter 25, nur sechs Prozent der Menschen sind in der Risikogruppe über 65 Jahre. Sicherlich ist auch die Erfahrung mit Malaria und anderen Erkrankungen, die weiterhin in den meisten Ländern Afrika grassieren, ein weiterer Vorteil. Sie hilft, mit Ruhe und Zuversicht die richtigen Maßnahmen zu definieren.
Oikocredit ist erfahren im Risikomanagement
Als Vorstand im Oikocredit Förderkreis Baden-Württemberg beobachte ich natürlich auch aufmerksam die Auswirkungen von Corona auf die Arbeit von Oikocredit. Diese wird es zweifellos geben. Daher bin ich froh, dass Oikocredit sofort Spezialistenteams eingerichtet und mit allen 674 Partnerorganisationen Kontakt aufgenommen hat. So wird zeitnah der Status quo und Bedarfe wie Liquidität oder Unterstützung bei der Erstellung von Notfallplänen ermittelt. Auch ist das Netzwerk von Oikocredit, das von Brot für die Welt, über Fairtrade/Transfair bis hin zu anderen Impact Investoren geht, stark. Zudem weiß ich: Wenn eine Organisation erfahren im Risiko- und Krisenmanagement ist, dann ist es Oikocredit. Dass bei uns im Förderkreis in den letzten Wochen die Zahl der Mitglieder weiter gestiegen ist, zeigt, dass auch auf Anlegerseite die Solidarität groß ist. Das gibt Anlass zu Hoffnung.