„Oikocredit hat weit mehr Einfluss auf Menschen, als ich dachte“
Nach der Ankündigung seines Rücktritts als Vorstandsvorsitzender bei Oikocredit International erzählt uns David Woods mehr über seine Zeit bei Oikocredit, die wohlüberlegte Entscheidung, weiterzugehen und die Pläne, die er für sich gemacht hat.
Warum verlassen Sie Oikocredit und warum gerade jetzt?
Auf lange Sicht hatte ich schon immer den Wunsch und Plan, in Neuseeland zu leben. Dieses Jahr scheint dafür genau der richtige Zeitpunkt gekommen zu sein. Im Gespräch mit dem Aufsichtsrat haben wir verschiedene mögliche Szenarien diskutiert, aber da war nun die Bewilligung des Visums für Neuseeland und die verlangt, dass ich Ende August diesen Jahres beginnend 180 Tage im Jahr in Neuseeland lebe. Und mir war klar, dass ich genau das möchte. Als ich vor dreieinhalb Jahren zu Oikocredit kam, musste ich schon einmal eine Entscheidung treffen – damals für Oikocredit und gegen eine mögliche Tätigkeit in Neuseeland. Insofern setzt sich heute fort, was damals schon begann.
Was planen Sie für die Zukunft?
Ich hoffe, dass ich innerhalb des kommenden Jahres drei Aufsichtsratsposten ergänzt um eine Teilzeitbeschäftigung für mich verwirklichen kann. Ich war in den letzten fünf Jahren schon zwei- bis dreimal im Jahr in Neuseeland, immer mit dem Gedanken, mir hier ein Leben aufzubauen. Interessanterweise sind viele Aspekte rund um die Iwi Trusts, die Sozialfonds der Maoris, mit jenen bei Oikocredit vergleichbar und so möchte ich meine bei Oikocredit gesammelten Erfahrungen in diesem Kontext nutzen.
Wie war es, der Vorstandsvorsitzende von Oikocredit International zu sein?
In meinem ersten Jahr war ich überrascht von der Komplexität der Organisation und darüber, wie viele verschiedene Facetten diese vergleichsweise kleine Organisation hat. Insofern wirkt Oikocredit heute sehr groß im Vergleich zu damals. Andererseits ist die Entwicklungsgenossenschaft nicht sehr groß, wenn man sie zum Beispiel mit der Deutschen Bank vergleicht. Aber von der Komplexität her sind sich die beiden sehr ähnlich.
Wurden Ihre Erwartungen hinsichtlich der Arbeit bei Oikocredit erfüllt?
Meine Erwartungen und die Realität sind nicht vergleichbar. Meine Vorstellungen von der Organisation unterschieden sich von der Realität. Oikocredit hat weit mehr Einfluss auf Menschen, als ich dachte. Das war einerseits sehr bereichernd für mich, andererseits aber auch sehr herausfordernd.
Was haben Sie in Ihrer Zeit bei Oikocredit gelernt?
Ich habe wirklich viel im Bereich Soziales Investment dazugelernt. Außerdem habe ich schnell gemerkt, dass es ein Leben abseits großer Finanzorganisationen gibt. Und vor allem habe ich gelernt, verstärkt auf internationaler Ebene zusammenzuarbeiten.
Woran werden Sie sich besonders erinnern?
Die schönsten Momente waren generell jene mit unseren jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wenn sie berichteten, dass sie etwas dazugelernt haben, wenn sie zeigten, dass Weiterbildung oder der Erfahrungsaustausch ihnen etwas gebracht hat – eben weil es bei Oikocredit um Menschen geht und um das Investieren in Menschen. Zu sehen, was unsere Arbeit in den verschiedenen Ländern bewirkt, ist ebenfalls eine Besonderheit, an die ich mich immer gerne erinnern werde. Es sind oft die unerwarteten positiven Auswirkungen auf unsere Mitarbeitenden, die ich als besonders gewinnbringend empfinde. Ich habe sehr faszinierende und extrem engagierte Personen getroffen und mit ihnen zusammengearbeitet. Das war sehr inspirierend und für diese Erfahrungen bin ich überaus dankbar.
Welchen Rat haben Sie für Oikocredit und ihren Weg in die Zukunft?
Habt keine Angst davor, ehrgeizig zu sein. Habt keine Angst davor, neue Wege zu gehen und Neues auszuprobieren. Der Blick auf die Vergangenheit ist nicht immer das Beste, um die Zukunft zu gestalten. Die Stärken, auf denen Oikocredit aufbauen kann, sind vor allem die Menschen, ihre Mission und ihre Werte.
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